Hinweis: Den kompletten Inhalt dieser vierteiligen Artikelserie haben wir am 18.1.2023 in unserem offiziellen White Paper, mit weiteren interessanten Inhalten ergänzt, verbessert zusammengefasst. Auch in einem MP3-Hörbuch. Ein Inhaltsverzeichnis mit Kapitellinks hilft zu navigieren. Lesen oder hören Sie daher besser unser White Paper.
Der Markt preist Neuigkeiten viel schneller und besser ein, als es Experten können. Ein Beispiel: Die Explosion des Space-Shuttles Challenger am 28. Januar 1986. Erst ein knappes halbes Jahr nach der Katastrophe kam eine hochkarätige Untersuchungskommission zum Ergebnis: Verantwortlich für den Absturz war das Unternehmen Morton Thiokol.
Die Börse schert sich nicht um Prognosen
Aufnahme kurz nach der Explosion des Space-Shuttles Challenger; Intraday-Aktienkursdiagramm der vier großen Raumfahrtunternehmen in der Zeit unmittelbar nach der Explosion des Space-Shuttles Challenger am 28. Januar 1986 um 11:39 Uhr bis zum Börsenschluss um 16:00 Uhr. Alle vier Kursreihen sind auf ihre 11:40 Uhr-Kurse normiert. Quellen: Wikipedia, [1a]
Der Aktienmarkt brauchte für diese Erkenntnis kein halbes Jahr. Nur wenige Minuten nach der Explosion stürzte der Aktienkurs dieses Unternehmens so stark ab, dass es vom Handel ausgesetzt werden musste, siehe Titelbild dieses Kapitels. Bis zum Abend preiste der Markt nach Wiederaufnahme des Handels sogar schon die Gesamtschadenssumme von rund 200 Millionen US-Dollar im Aktienkurs ein. Eine andere Untersuchungskommission schloss Insiderhandel aus, den Aktienkurs bewegt zu haben. [1a]
Solange es keine neuen Informationen gibt, die den Kurs rasend schnell nach oben oder unten treiben, schwankt der Aktienkurs normalerweise zufällig um seinen Ausgangspunkt. Eugene Fama baute auf solchen Erkenntnissen die Kapitalmarkttheorie der Effizienzmarkt-Hypothese aus betriebswirtschaftlicher Sicht auf. Er wurde für folgende Erkenntnis im Jahr 2013 mit dem Wirtschafts-Nobelpreis ausgezeichnet:
“Es gibt keine Möglichkeit, die Kurse von Aktien und Anleihen für die nächsten Tage oder Wochen vorherzusagen.”
Kostengünstig passiv, breit diversifiziert, Buy-and-Hold: Dann klappt’s auch mit der Aktienrendite.
Aktiv muss so gut sein, wie Passiv und dann noch die Kosten fürs Stock Picking und Market Timing verdienen. Aber: „Hin und Her macht Taschen leer“ – das gilt auch für die Profis aktiver Aktienfonds. Die Masse liefert damit nur die passive Indexrendite abzüglich Managementkosten. [3] Abweichungen nach oben oder unten sind zufällig. Daher nannte der führende Risikoengineering-Experte, Nassim Taleb, seinen ersten Bestseller wie diese Fondsmanager Narren des Zufalls.
Die Rückkehr zum Mittelwert ist die stärkste Kraft im Finanzmarkt. Sie sorgt dafür, dass die Rendite aktiver Aktienfonds über kurz oder lang der Formel Indexrendite minus Fondskosten gehorcht. Aktive Anleger sind dennoch nützlich: Sie sorgen dafür, dass der Markt effizient ist.
Passive Indexanleger fahren Trittbrett, solange sich genügend aktive Anleger daran beteiligen, Preise zu finden. Sie kaufen einen Exchange Traded Fund (ETF), sparen die Managementgebühren und erhalten entsprechend mehr Rendite. John Bogle war als Gründer der Fondsgesellschaft Vanguard der wichtigste Pionier passiven Anlegens. Davor verspekulierte er sich allerdings als aktiver Aktienfondsmanager. Der US-Ökonom Paul Samuelson riet dann zu passiven Indexfonds. [4]
Dieser erste amerikanische Gewinner des Nobelpreises für Wirtschaftswissenschaften im Jahr 1970 hatte großen Einfluss. Denn Samuelson hat “mehr als jeder andere zeitgenössische Wirtschaftswissenschaftler dazu beigetragen, das Niveau der wissenschaftlichen Analyse in der Wirtschaftstheorie anzuheben”, so die Königlich Schwedische Akademie der Wissenschaften. [5]
Es war Bogle, der seit den frühen 1970er Jahren diese anlegerfreundliche Finanzinnovation durch seine Mission gegen den Widerstand des aktiven Finanzestablishments demokratisierte und global populär machte. Denn anfangs wurden passive Indexfonds “Bogle’s Folly” (Bogles Narretei) bezeichnet und als unamerikanisch verunglimpft. Das hat den kometenhaften Aufstieg der Indexfonds und -ETFs jedoch nicht verhindert. Bogle predigte dazu über viele Jahrzehnte missionarisch:
“Suchen Sie nicht nach der Nadel im Heuhaufen. Kaufen Sie einfach den Heuhaufen.”
John Bogle
Aktien und Immobilien – da spielt langfristig die Musik
Beide gehören in jedes hoch rentable Portfolio.
- Immobilien ohne Klumpenrisiko – das geht am besten über breit diversifizierte und indexierte Real Estate Investment Trusts (REITs) in einer ETF-Hülle.
- Bei Aktien setzen wir auch weiterhin auf global gestreute Index-ETFs.
Die Vorteile:
- Kein Klumpen- oder Einzelaktienrisiko
- Zwei gering voneinander abhängige Anlageklassen
- Immobilienanlagen sind stark von der Inflation abhängig und reduzieren somit dieses Risiko in Portfolios. [6, 7]
Zusammenfassung
Märkte sind normalerweise sehr effizient. Global marktbreit gestreute Index-ETFs sind daher nach wie vor erste Wahl. Und zwar um ohne nennenswerte Abstriche an der langfristig hohen Rendite der gleichbedeutenden Aktien- und Immobilienmärkte ohne Einzelaktienrisiko teilzuhaben. Diese hohe Rendite passiver Anlagen bedingt jedoch immer noch hohe systemische Schwankungsrisiken der beiden Anlageklassen insgesamt. Deren Schwankungen können sich in Börsencrashs sehr ähneln und dann auch kaum diversifizieren. In Teil 2 geht es daher mit den größten Risiken passiver Marktanlagen in diesen Zeiten und bei hoher Inflation weiter. Und welche Lösung wir Ihnen dafür bieten.
Falls Sie Fragen hierzu haben oder sich darüber austauschen möchten, erreichen Sie uns über unser Kontaktformular. Oder schreiben Sie Ihr Feedback hier in den Kommentarbereich, gern auch mit Verbesserungsvorschlägen.
Hinweis: Wir verkaufen keine der erwähnten Finanzprodukte mit davon abhängiger Provision. Sondern beraten Sie nach Ihrem Bedarf ohne Interessenkonflikte, wie Sie diese Produkte am besten nutzen können. Für diese Dienstleistung vereinbaren wir unsere Vergütung fair und transparent direkt mit ihnen.
Weitere Artikel dieser Serie
Dr. Mittwollen Invest – Unser Standpunkt (Whitepaper)
Teil 2: Die größten Risiken des passiven Investierens und unsere Lösung
Teil 3: Aktives Krisenalpha und passive ETFs (Marktbeta) – beide haben den Segen der Wissenschaft
Teil 4: Wie investieren? Nach wie vor prognosefrei!
Fußnoten
[1] Adaptive Markets: Financial Evolution at the Speed of Thought, Andrew W. Lo, US-Finanzprofessor, 2017.
a) Zur Ursache des Challenger-Unglücks:
Ein von Morton Thiokol verbauter Dichtring war spröde und undicht, weil es beim Start zu kalt war. Das ließ eine Stichflamme aus einer der Feststoffraketen austreten. Diese brachte schließlich den Haupttank mit Wasserstoff zur Explosion.
Im Gegensatz zu solch gewöhnlichen Neuigkeiten auf Unternehmensebene dauert es Monate bis Jahre, bis ungewöhnliche Schwarze-Schwan-Ereignisse von Märkten eingepreist werden. Dazu gehören zum Beispiel die Corona-Pandemie Anfang 2020 oder die Immobilienkrise von 2007 bis 2009. Diese Ereignisse beeinflussen, im Gegensatz zum Challenger-Unglück, den gesamten Markt strukturell. Dabei schwingen Märkte regelmäßig mit volatilen Trendbewegungen über. Der Grund ist die Momentum-Anomalie. Diese lässt sich systematisch erkennen und ausnutzen. Mehr dazu in Teil 2.
[2] The Sveriges Riksbank Prize in Economic Sciences in Memory of Alfred Nobel 2013
“There is no way to predict the price of stocks and bonds over the next few days or weeks. But it is quite possible to foresee the broad course of these prices over longer periods, such as the next three to five years. These findings, which might seem both surprising and contradictory, were made and analyzed by this year’s Laureates, Eugene Fama, Lars Peter Hansen and Robert Shiller.”
[3] Luck Versus Skill in the Cross Section of Mutual Fund Returns, Finanzprofessoren Eugene F. Fama und Kenneth R. French, 2009.
“For 1984 to 2006… mutual fund investors in aggregate get net returns that underperform CAPM, three-factor, and four-factor benchmarks by about the costs in expense ratios.”
[4] Common Sense on Mutual Funds, John C. Bogle, 2010.
[5] Professor Samuelson Wins Nobel Prize in Economics, The Harvard Crimson, October 27, 1970
The Academy added that Samuelson has also “rewritten considerable parts of central economic theory and has in several areas achieved results which now rank among the classical theorems of economics.”
“I would consider this to mean the work in Foundations of Economics (1947), which dealt with static and dynamic theory- supplemented by approximately 150 papers since then,” Samuelson said yesterday.
[6] Erfolgreich Investieren: Strategien für Privatanleger, David F. Swensen, US-Finanzprofessor und Portfoliomanager des Yale-Stiftungsfonds, 2007.
David Swenson on the Yale Endowment & “Unconventional Success” (Youtube), 2009
“Die Finanzmarkttheorie besagt und die praktischen Erfahrungen bestätigen, dass Aktien über vernünftig lange Zeiträume überlegene Renditen erzielen.” — “Doch Anleger dürfen sich niemals darauf verlassen, dass Aktien ihre besonderen Merkmale innerhalb einer bestimmten Zeit verwirklichen. Darüber hinaus dürfen Aktien keinen zu großen Anteil am Zielportfolio erhalten.”
“Die starke Korrelation mit der Inflation macht Immobilienwerte zu einem ausgezeichneten Diversifizierungsinstrument.” — “Wenngleich vernünftige Alternativen in beiden Immobilienanlageformen [börsennotierte und private] bestehen, achten umsichtige Anleger dennoch auf die Gebührenstruktur und wägen die verschiedenen Optionen gegen passiv verwaltete börsennotierte REIT-Fonds ab.” — “Anleger mit langfristigerem Anlagehorizont sind von den Unterschieden zwischen Marktpreis und Fair Value weniger betroffen.”
Immobilien sind nur zu einem wesentlich geringeren Anteil als Real Estate Investment Trust
(REIT) börsennotiert als andere Aktiengesellschaften. Das sollte die Gewichtung dieser beiden ähnlich großen und hoch rentablen aber gering voneinander abhängigen Anlageklassen im Portfolio jedoch nicht beeinträchtigen.
[7] STOCKS, BONDS, BILLS, AND INFLATION® (SBBI®) 2021 SUMMARY EDITION, US-Finanzprofessor Roger G. Ibbotson, James P. Harrington.
Die Rendite von US-REITs lag danach von 1972 bis 2020 bei 11,4 Prozent pro Jahr. Sie lag damit zwischen der jährlichen Rendite großer US-Aktiengesellschaften von 10,8 Prozent und der Kleiner von 12,7 Prozent.
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